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Start Gear & Galleries 2D Cameras & Lenses Leica Lumix Melange + Noctilux 0.95 vs. 1.0 Vergleich an mFT

Leica Lumix Melange + Noctilux 0.95 vs. 1.0 Vergleich an mFT

Die außergewöhnlichen Bildgestaltungsmöglichkeiten hochlichtstarker Standardbrennweiten machen diese auch für das MicroFourThirds Kamerasystem interessant. 3D-Kraft demonstriert, wie sie dort zu fantastischen Portrait-Brennweiten avancieren und vergleicht dabei die Qualitäten des Leica Noctilux-M 1:0,95/50mm mit dessen Vorgänger, dem Noctilux-M 1:1,0/50mm.

P1020890

Die noch junge Erfolgsgeschichte des spiegellosen und dadurch recht kompakten Micro FourThirds (mFT) Kamerasystems wurde nicht zuletzt dadurch ermöglicht, dass recht schnell die üblichen Brennweitenbreiche vom Weitwinkel bis zum Tele mit kompakten und qualitativ recht hochwertigen Objektiven von Olympus und Panasonic abgedeckt wurden. Auch Ultraweitwinkel- und Super-Telezooms ließen nicht allzu lange auf sich warten. Allein an hochlichtstarken Festbrennweiten mangelte es noch lange Zeit.

Die enorme Nachfrage nach dem seit einigen Monaten erhältlichen - jedoch meist ausverkauften - Voigtänder Nokton 25mm/0.95 zeigt, wie groß der Bedarf nach solchen "Primes" ist. Es ist nicht nur die hohe Lichtstärke, nach der viele Nutzer verlangen, sondern vor allem auch das damit einhergehende "Freistell-Potenzial". Aufgrund des kleineren Kamerasensors (Crop-Faktor 2 gegenüber einem "vollformatigen" Kleinbild (KB) Sensor) halbiert sich zwar die für den gleichen Bildwinkel benötigte Brennweite, dafür muss jedoch das Verhältnis aus Brennweite und Offenblend-Durchmesser verdoppelt werden, um einen vergleichbar schmalen Schärfentiefebereich zu erhalten und damit z.B. eine portraitierte Person vor einem in chremige Unschärfe verlaufenden Hintergrund freistellen zu können. Typische Portraitbrennweiten halbieren sich gegenüber Kameras mit KB Sensor also auf ca. 35 bis 50 mm, müssen dann jedoch für Gestaltungsmöglichkeiten mit vergleichbar geringer Schärfentiefe maximale Blendenöffnungen zwischen etwa f 1.0 und 1.4 erreichen, was die Entwicklung und Fertigung solcher Optiken i.d.R. deutlich aufwendiger und damit teurer macht.

Bildwinkel / Crop eines FourThirds-Sensors verglichen mit dem 35mm Kleinbildformat bei identischer Brennweite.
(Aufnahme: Peter Lück, Kamera-JPEG Leica Noctilux 1.0 mit Offenblende an Leica M9)

Zum Glück ist man jedoch nicht gezwungen auf das Angebot solcher Linsen im mFT Segment zu warten. Schnell wurde die Möglichkeit erkannt, an Micro FourThirds Systemkameras aufgrund der spiegellosen Konstruktion nahezu jegliches Objektiv anderer Systeme adaptieren zu können, also mittels geeigneter Adapter, die  bereits für viele Systeme erhältlich sind, anzuschließen. Aufgrund des nur geringfüg abweichenden Auflagemaßes von Leica M-Systemkameras sind Objektive für das M-Bajonett auch gut an mFT adaptierbar und dank ihrer besonders hohen Qualität auch nach vielen Jahren noch begehrte "Jagdobjekte" im Gebrauchtmarkt. In der Regel haben diese keinen Autofokus oder verlieren diese Fähigkeit bei anderen Systemen durch die meist rein mechanische Adaptierung. Mit etwas Übung lernt man jedoch die manuelle Fokussierung bei solchen Spezialobjektiven bald zu schätzen, denn sie erlaubt es, den teilweise nur wenige Zentimeter tiefen Schärfebereich meist exakter als mit einer Automatik zu setzen. Sehr hilfreich sind hierbei eine leicht aktivierbare und umschaltbare Fokuslupe sowie bei schwierigen Lichtbedingungen ein elektronischer Sucher.

Wer in den Bereich extrem lichtstarker Objektive vordringt, stößt i.d.R. früher oder später auch auf das Leica Noctilux 50mm/0.95, das derzeit weltweit lichtstärkste asphärische Objektiv. Es ist der 2008 erschienene Nachfolger des legendären "King of the Night", dem Leica Noctilux 50mm/1.0, das bis dahin die Gabe Leicas repäsentierte, solche Hochleistungs-Ojektive zu entwickeln und zu fertigen. Während das aktuelle 0.95er Noctilux kaum zu bekommen ist und aufgrund seines Preises von annähernd 8000 EUR oftmals den Budget-Rahmen sprengt, ist dessen Vorgänger im Gebrauchtmarkt inzwischen zumindest in geringen Mengen und - je nach Alter und Zustand - etwa zwischen 3500 und 4800 EUR erhältlich. Natürlich gibt es auch z.T. deutlich günstigere und immer noch annähernd lichtstarke Alternativen, z.B. das Voigtländer Nokton 50mm/1.1 oder das Canon EF 50mm/1.2. Sie mögen ihren Preis wert sein, erreichen jedoch hinsichtlich Ausgewogenheit von Schärfe, Kontrast und Chremigkeit des Bokeh nicht die Qualität eines Leica Noctilux. Wer also bereit ist, derartige Summen in eine manuelle Festbrennweite zu investieren, wird sich dann möglicherweise als nächstes die Frage stellen, ob auch die Mehrausgabe für ein neues Leica Noctilux 50/0.95 gegenüber einem gebrauchten 50/1.0 - guter Zustand vorausgesetzt - gerechtfertigt erscheint.

 

Links: Leica Noctilux-M 1:1.0 / 50mm (E60 Version mit leicht quadratischer, ausziehbarer Gegenlichtblende)
Rechts: Leica Noctilux-M 1:0.95 / 50mm (mit ausziehbarer Gegenlichtblende)

Zunächst ein paar Fakten zum älteren Noctilux: Es wurde seit 1975 in Canada gefertigt, anfangs in einer Fassung mit 58mm Filtergewinde, später als "E 60" mit einem 60mm Filtergewinde. Auch die Gegenlichtblende wechselte ihre Form im Laufe der Jahre. War sie anfangs rund und aufschraubbar, wurde sie später fester, aber ausziehbarer Bestandteil des Objektivs. Die letzte E 60 Version ist bereits 6 bit codiert, hat eine eher quadratische, ebenfalls ausziehbare Gegenlichtblende mit abgerundeten Ecken, die den Messsucher einer Leica M Kamera weniger abschattete. Die Optik basierte über den gesamten Zeitraum auf derselben Linsen-Rechnung, die Vergütungsschicht soll sich über die Jahre geändert haben. Die tatsächliche Brennweite jedes einzelnen Exemplares wird in der Endkontrolle noch einmal gemessen und je nach Ergebnis wurde am Ende der Entfernungs-Skala eine Codierung (00 für 50mm, 01 für 51mm und 02 für 52mm) eingraviert.

Der Nachfolger ist eine komplette Neuentwicklung und wird seit 2008 im deutschen Stammsitz in Solms gefertigt. Es nutzt auch asphärische Elemente sowie "Floating Elements", ist noch etwas größer und schwerer und hat einen kürzeren Fokusweg. Es vignettiert an KB weniger als der Vorgänger und hat eine höhere Randschärfe.

...und wie wirken sich diese Unterschiede an einer mFT Systemkamera aus?

Die oben gezeigte Illustration des Crop-Verhältnisses zeigt auch, in welchem Maße das Noctilux 1.0 bei Offenblende an einer Leica M9 mit KB-Format Sensor in den Ecken vignettiert und dass ein leichter Schärfeabfall zu den Rändern erkennbar ist. Das rot marktierte Rechteck zeigt den Ausschnitt, den hiervon ein mFT Sensor tatsächlich nutzt. Es ist gut erkennbar, dass sich die stärkere Vignettierung und Randunschärfen eines Noctilux 1.0 gegenüber einem Noctilux 0.95 nur in Bereichen auswirken, die aufgrund des mFT Sensor-Crops ohnehin nicht abgebildet werden. Man schneidet also quasi das "Filetstück" aus dem Bildkreis dieses Objektivs.

Montiert man das Noctilux an einer MikroFourThirds Kamera, ergibt sich eine ungewohnt Objektiv-lastige Kombination, die jedoch optisch noch ausgewogen erscheint. Verfügt die Kamera über einen elektronischen Sucher mit Lupenfunktion, ist eine sehr präzise Fokussierung möglich. Dem Noctilux 1.0 wird an Messsucher-Kameras wie der Leica M9 ein gewisser Fokus-Shift nachgesagt, der mit der neuen 0.95er Version der Vergangenheit angehören soll. An Kameras mit elektronischem Sucher spielen jedoch auch derartige Probleme keine Rolle.

GH2 with Leica Noctilux 50/1.0

Leica Noctilux 50/1.0 adaptiert an Lumix GH2

Betrachten wir also einige Vergleichsbeispiele, die alle durch Anklicken in voller Größe anzeigbar sind
- zunächst bei Offenblende:

P1000214
(Noctilux 1.0 bei f1.0; Anklicken für volle Auflösung)

P1000102
(Noctilux 0.95 bei f0.95; Anklicken für volle Auflösung)

Beide Bilder stehen sich hinsichtlich Schärfe im Fokusbereich einander nicht nach. Bei Portraits dieser Art ist ohnehin gerne eine etwas weichere Zeichnung - ein gewisser "Glow" - gewünscht. Beide Objektive zeigen bei Offenblende die für diese Lichtstärke nicht untypische Tendenz zu Farbsäumen, die jedoch bei schwächerem Licht und nicht allzustarken Kontrasten kaum auffallen. Ein typischer Unterschied zwischen dem alten und dem neuen Noctilux ist hier bereits deutlich erkennbar: Während im oberen Bild die Zerstreuungskreise von Hintergrund-Spitzlichtern die für den Vorgänger charakteristischen "Bubble"-Ränder erhalten, zeichnet das asphärisch korrigierte Noctilux diese deutlich neutraler.

P1000144
(Noctilux 1.0 bei f1.0; Anklicken für volle Auflösung)

P1000134
(Noctilux 0.95 bei f0.95; Anklicken für volle Auflösung)

Bei diesen Beispielen ist im unteren Bild der vom neuen Noctilux etwas ruhiger und chremiger gezeichnete Hintergrund wahrnehmbar, während auch hier das ältere Noctilux im oberen Bild die für ihn charakteristischen Zerstreuungskreise ausprägt.

Die beiden folgenden Bilder zeigen die Gestaltungsmöglichkeiten bei Tageslicht und Blende f1.4. Aufgrund der enormen Lichtstärke muss hier i.d.R. mit einem Graufilter (in den Beispielen ein ND-Filter von B&W) für eine Abdunkelung von drei Blendenstufen gesorgt werden, da ansonsten auch mit einer Verschlusszeit von 1/4000s bereits überbelichtet wird.

P1000365a
(Noctilux 1.0 bei f1.4; Anklicken für volle Auflösung)

P1000351
(Noctilux 0.95 bei f1.4; Anklicken für volle Auflösung)

Beide Objektive liefern bei f1.4 bereits ausgezeichnete Schärfe, haben aber auch bei dieser Abblendung noch mit geringfügigen Farbsäumen zu kämpfen. Im Bokeh sind hier kaum Unterschiede wahrnehmbar.

Fazit:

  • Hinsichtlich Schärfe und Kontrast liegen beide Noctilux-Generationen im Crop-Bereich eines FourThirds-Sensors etwa gleich auf.
  • Beide bieten außergewöhnliche Lichtstärke und ermöglichen eine ganz besondere Bildsprache im Avialable Light Bereich
  • Das asphärisch korrigierte Noctilux 0.95 hat bei Offenblende ein noch etwas chremigeres Bokeh mit neutralen Zerstreuungskreisen, während der Vorgänger bei f1.0 einen eigenen Charakter entwickelt und Zerstreuungskreise zu "Bubbles" werden. Wem dies mehr oder weniger gefällt, dürfte im wesentlichen von persönlichen Vorlieben geprägt sein. Es ist die Abwägung zwischen Charakter und Perfektion.
  • Bei Offenblende tendiert eine mittenbetonte Belichtungsautomatik bei beiden Objektiven zu einer leichten Unterbelichtung, da der Helligkeitsabfall zu den Rändern hin stärker als bei weniger lichtstarken Objektiven ist. Bei dem alten Noctilux ist dieser Effekt noch etwas ausgeprägter und sollte durch eine leichte Belichtungsanhebung bereits in der Kameraeinstellung berücksichtigt werden. Auch hier helfen elektronische Sucher bei der Beurteilung.
  • In der Bedienung fällt der beim alten Noctilux deutlich längere Fokusweg auf. Dieser erleichtert nach meinem Empfinden etwas das genaue Fokussieren, verlangsamt den Vorgang allerdings auch. Bei meinen Tests war die Quote der korrekt fokussierten Bilder mit dem alten Noctilux etwas höher, während man sich beim Einsatz als Videobjektiv eher die kürzer übersetzte Fokussierung des neuen Noctilux wünschen wird.

Schauen wir noch eine Serie an, die sehr anschaulich die Entwicklung der Zerstreuungskreise im Unschärfebereich über verschiedene Blendenstufen zeigt. Das erste Bild ist zunächst auf den Hintergrund fokussiert um zu zeigen, wie sich dieser bei den nachfolgenden Bildern, in denen er außerhalb der Fokusebene liegt, mit unterschiedlichen Blendenstufen entwickelt.

Noctilux 1.0 sample @ f8

Noctilux 1.0 sample @ f2.0Noctilux 1.0 sample @ f1.7

Noctilux 1.0 sample @ f1.4Noctilux 1.0 sample @ f1.0

Hier ist zu erkennen, dass bei f 1.4 die Zerstreuungskreise durch die speziell geschnittene Blende mit 10 Lamellen bereits nahezu rund und noch neutral gezeichnet werden und bei Offenblende dann in die Noctilux 1.0 typischen "Bubbles" übergehen.

Abschließend noch eine Reihe weiterer Beispiele für die Gestaltungsmöglichkeiten dieser Ausnahme-Linse (volle Auflösungen wiederum durch Anklicken sichtbar):

Tatar & Cake
(f1.0)

1948 - Noctilux 1.0 @ f1.4
(f1.4)

P1030514
(f1.4, ISO 800 - hier waren Kerzen die dominierenden Lichtquellen)

Kaffee
(f1.4)

Teatime
(f1.7)

P1030005
(f1.4)

P1030043
(f1.4)

Noctilux 1.0 @ f1.0
(f1.0)

F1.4
(F1.4)

P1030381
(f1.4)

Nocti @ Lumix GH2, f1.0

Leica an Lumix (aufgenommen mit dem Noctilux 1.0 an einer Leica M9, fotografiert von Dierk)

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